Weiterbildung der Seelsorger Deutschfreiburgs
Was sagt uns das 2. Vatikanische Konzil heute?
Visp, 16.2.2012. Das Zweite Vatikanische Konzil hat grundlegende Sichtwechsel in der katholischen Kirche gebracht. Was sagt es uns heute? Die Seelsorgerinnen und Seelsorger Deutschfreiburgs haben ihre viertägige Fortbildung in Visp vom 13. bis 16. Februar der Auseinandersetzung mit dem Konzil und den heutigen Herausforderungen an die Kirche gewidmet.
Professor Michael Felder, Pastoraltheologe an der katholischen Theologischen Fakultät der Universität Freiburg, begleitete die Priester, Pastoralassistentinnen und –Assistenten bei ihren Überlegungen. An sorgfältig gewählten Textpassagen aus den Konzilsdokumenten zeigte er den Paradigmenwechsel auf, welchen die aus der ganzen Welt versammelten Bischöfe und Theologen vier Jahre lang von 1962 bis 1965 vollzogen haben. In dieser Ausnahmesituation für die ganze Kirche wurde um das von Papst Johannes XXIII. gewünschte Aggiornamento Abschnitt um Abschnitt gerungen und unter Papst Paul VI. abgeschlossen.
Viele der Seelsorger haben das Konzil nicht selbst erlebt. Sie waren umso beeindruckter von der Aktualität der fast fünfzig Jahre alten Texte. Am effektivsten arbeitete nach dem Konzil die Umsetzungkommission zur Liturgieerneuerung, die das Missale Paul VI. herausgab. Neben der Einführung der Volkssprache wertete sie vor allem den Tisch des Wortes auf. Kritisch merkte Michael Felder an, dass dann bei der Gestaltung des dazu nötigen Ambos der Geist des Konzils nicht immer berücksichtigt wurde. Zur Aufwertung des Bibelwortes in der Liturgie gehören würden auch die beiden Lesungen und der Psalm vor dem Evangelium.
Die Einsetzung der Räte
Das Zweite Vatikanische Konzil wertete vor allem die Rolle der Gläubigen in der Kirche und in der Welt auf und verwendete dafür den Ausdruck "Volk Gottes". Zur Beratung und Unterstützung für die kirchlichen Entscheidungsträger auf verschiedenen Ebenen (Bischof, Pfarrer usw.) wurden Räte (Priesterrat, Seelsorgerat usw.) geschaffen. Dass es dabei nicht um eine Demokratisierung wie im Staat und in der Gesellschaft ging, enttäuschte nach dem Konzil viele. Die in der Schweiz demokratisch gewählten Pfarreiräte, die nach staatskirchenrechtlichen Vorgaben die Kirchensteuergelder verwalten, machen die Strukturen hierzulande noch komplexer. Das 1983 neu aufgelegte Kirchenrecht nahm zwar den Paradigmenwechsel des Konzils auf, aber setzte die allerkonservativste Lesart um, hielt Michael Felder fest.
Die Seelsorgerinnen und Seelsorger hielten selbstkritisch fest, dass sie selber nicht immer so kollegial sind, wie sie sein könnten. Wie viel Mitverantwortung und Mitbestimmung sie den Gläubigen in den Pfarreien zugestehen, zeige sich auch darin, wie weit es gelinge, möglichst niemanden zu überrollen und alle mitzunehmen.
Die Zeichen der Zeit heute
Was sagt uns das Vatikanum II. heute? Was sind die Zeichen der Zeit heute? Die Menschen suchen nach spiritueller und auch örtlicher Heimat in der ruhelosen Mobilität und Informationsflut. Die Individualisierung sollte nicht als Problem sondern als Tatsache und Chance verstanden werden, denn das Konzil hat die Mündigkeit des Christenmenschen hervorgestrichen. Die Kirche sollte als liebende Mutter auf die Menschen zugehen, die dann auch etwas zu sagen habe. Die Seelsorger sollen dorthin gehen, wo die Leute sind, und das nicht nur beim Reden sondern auch körperlich. Die Leute brauchen Ruhe, nicht Wortschwall. Die Kirchgebäude können Oasen der Stille und des Gebetes sein.
Viele Zeitgenossen verstehen die Kirche als Dienstleistungsgesellschaft. Das Konzil unterstrich jedoch, dass die Laien auch teilhaben am priesterlichen Dienst, Teil des Volkes Gottes sind. Was bedeuten jene Gläubigen für die Seelsorge und die Theologie, die zwar der Kirche verbunden sind und Kirchensteuern zahlen, aber nur selten in die Kirche kommen? Diesen Fragen geht ein Theologe unter dem Titel "Das andere Volk Gottes" nach.
Die Seelsorge soll lebensnah sei. Das werde mit der seelsorgerlichen Haltung der Leben weckenden Pastoral ausgedrückt. Die Seelsorger möchten ihren Beruf im Geiste des Konzils ausüben, brachte es ein Teilnehmer auf den Punkt.
Ihre nächste Dekanatsweiterbildung im Februar 2013 wollen die Deutschfreiburger Seelsorger der konkreten Umsetzung des neuen Leitbildes Katechese und damit dem Thema "Glaubensverkündigung im Wandel" widmen. Wegen der grossen Dringlichkeit möchten sie die Fragen nach den Alternativen zu priesterlichen Diensten (Wortgottesdienste, Beerdigungen ohne Messe) und die Pastoral-/Personalplanung angesichts der in den nächsten Jahren rapide zurück gehenden Priesterzahl an einem ganzen Dekanatstag statt nur einem –Halbtag diskutieren.
Hans Rahm
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Hans Rahm
Kath. Info-Beauftragter Deutschfreiburg
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