Medienmitteilung
Delegiertenversammlung der Behindertenseelsorge
Meine Seele ist wie eine Vase mit farbigem Wasser
Freiburg, 3. Juni 2012. Hans-Martin Müller, Psychologe des Schulheims "Les Buissonnets", führte die Delegierten der Behindertenseelsorge ins Thema "Psychologische Arbeit mit Behinderten" ein. Sowohl er wie auch der reformierte Behindertenseelsorger, Martin Christian Thöni, unterstrichen die gleiche grundsätzliche Offenheit von Psychologie und Seelsorge, die das Gegenüber als erstes bejaht. Die Delegierten aus den katholischen Pfarreien und reformierten Kirchgemeinden trafen sich zu ihrer Frühjahrsversammlung der ökumenischen Behindertenseelsorge Deutschfreiburg am Donnerstagabend, 31. Mai, im Buissonnets in Freiburg.
Viele Jugendliche mit Behinderung kommen mit Verletzungen von ihrer Schulkarriere zu ihm als Schulpsychologen. Wenn sie in die Einzelstunde kommen, dann legt er Wert darauf, dass sie zuerst klopfen und er sie begrüsst. Das Zimmer des Psychologen soll ein geschlossener, geschützter Raum sein, damit an dem gearbeitet werden kann, was in Ordnung gebracht werden muss.
Der Mut von behinderten Jugendlichen, sich auf die Frage "Wer bin ich?" einzulassen, sei meist grösser als bei Erwachsenen. Hans-Martin Müller geht es um Begegnung. Auch wenn ein Jugendlicher noch so kratzbürstig daher kommt, will er spüren, dass er ernst genommen wird. Die Behinderung macht es dabei schwieriger, die Sprache zu verstehen. Dabei hilft die Frage: "Was willst du? Überlege vorher, wie du es mir mitteilen kannst, dass ich es verstehe." Für Behinderte ist es oft schwierig, ihr Anliegen verbal auszudrücken, dann benutzen sie andere Mittel. Die Begegnung braucht Zeit und jemand, der zuhören will.
Für den Psychologen des Schulheims ist die Entdeckung der eigenen Mitte zentral. In der neuropsychologischen Gruppe liess er die Teilnehmer ihre Mitte, ihre Seele zeichnen. Sehr beeindruckt hat ihn die Aussage einer jungen behinderten Frau: "Meine Seele ist wie eine Vase mit farbigem Wasser." Sie zeigte ihm, was hinter den Wutausbrüchen und Aggressionen steckt, die das Verhalten der Frau dominierten. Hans-Martin Müller hat schöne Entwicklungen erlebt von Jugendlichen, die sich durchgebissen haben und die dann sagen konnten: "Ich bin jetzt selber auch jemand und glaube nicht mehr alles, was die Erwachsenen über mich sagen."
Integrative Therapie in Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen
Hans-Martin Müller arbeitet seit zehn Jahren im Schulheim für geistig Behinderte. Schon sein Vater organisierte als Pfarrer einen Freizeitclub für Behinderte. Als Psychologe setzt es sich für eine integrative Therapie ein, im Gegensatz zur Verhaltenstherapie, die bestimmte störende Verhaltensweisen abstellen wolle, damit die Behinderten möglichst pflegeleicht werden.
Der Schulpsychologe wird dadurch zum Anwalt für die Sprache der Behinderten, für ihre Anliegen. Er habe die Zeit, auf die Persönlichkeitsentwicklung jedes Einzelnen einzugehen. Ob ein Jugendlicher zu ihm in die Therapie kommt, wird Anfang des Schuljahres in der Lehrzielbesprechung für ein Jahr festgelegt. Auch unter dem Jahr ist der Schulpsychologe mit den Lehrpersonen im Gespräch, wobei er die Behinderten ermuntert, ihre Anliegen selber auszudrücken.
Austausch unter Pfarreien und Kirchgemeinden
Die über zwanzig Delegierten aus Pfarreien und Kirchgemeinden tauschten an ihrer Versammlung über die verschiedenen Initiativen für Behinderte oder zusammen mit Behinderten aus. Die Möglichkeiten und Traditionen sind recht verschieden. Zuweilen ist es eine besondere Gruppe, die Anlässe organisiert, oder die KAB, der Vinzenzverein, der Samariterverein oder die Jubla engagieren sich dafür. In einigen Pfarreien wird es von den Behinderten und ihren Eltern sehr geschätzt, dass eine Besuchsgruppe zum Geburtstag einen Besuch macht und ein kleines Geschenk bringt, in anderen wiederum wurde dieses Ansinnen kategorisch abgelehnt. Andere Pfarreien und Kirchgemeinden verbesserten die behindertengerechte Zugänglichkeit der Räumlichkeiten, um den Behinderten die Teilnahme an den Aktivitäten der Gemeinde zu erleichtern.
Die beiden Behindertenseelsorger katholischerseits, Bernadette und Bernhard Lütolf, und der reformierte Behindertenseelsorger Martin-Christian Thöni dankten den Delegierten und über sie allen, die sich für die Anliegen der Behinderten und für das Zusammensein mit Behinderten in den Pfarreien und Kirchgemeinden einsetzen. Bei den regelmässigen Besuchen der Seelsorger in den verschiedenen Behinderteninstitutionen stiessen sie durchwegs auf ein gutes Echo. Die nächste Delegiertenversammlung wird im November in Tafers stattfinden.
Hans Rahm
Weitere Auskünfte:
Bernadette und Bernhard Lütolf
Subingerstrasse 1
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032/614 47 04
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Hans Rahm
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