Medienmitteilung

 

Dekanatsfortbildung der Seelsorgerinnen und Seelsorger

„Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“

Gesellschaftliche Veränderungen verlangen nach neuen pastoralen Konzepten

Freiburg, 11.02.2013. Vom 04. bis 07. Februar versammelten sich die Seelsorgerinnen und Seelsorger des Dekanats Petrus Kanisius zur Fortbildung zum Thema „Glaubensbildung im Kulturwandel“ im Bildungshaus St. Jodern in Visp und diskutierten gesellschaftliche Veränderungen und deren Auswirkungen auf die konkrete Arbeit in ihren Pfarreien und Seelsorgeeinheiten.

Eine Jugendarbeiterin, deren Werbung auf traditionellen Wegen für ihren Adventskalender nicht mehr funktioniert – eine Seelsorgerin, deren Ansatz für das Taufgespräch an einer konfessionsübergreifenden Patchworkfamilie scheitert – eine Pastoralgruppe, die unterschiedliche Meinungen zur Beteiligung am „Spiritualitätszelt" der örtlichen Gewerbeaustellung hat. Mit kurzweiligen Sketchen demonstrierte das Vorbereitungsteam den Seelsorgerinnen und Seelsorgern Deutschfreiburgs, wo traditionelle Formen der Seelsorge scheitern und ins Leere laufen.

„Welche Einflüsse übt der Kulturwandel auf die Glaubensbildung aus? Welche Konsequenzen sind daraus auf die Ausrichtung der Glaubensbildung zu ziehen? Wie kann Glaubensbildung gestaltet werden für Menschen, die keine ‚Standardbiographie‘ in der Kirche durchlaufen haben?“, so formulierte Mario Parpan von der Deutschfreiburger Fachstelle für Katechese die Grundfragen der Fortbildung.

Leitbild Katechese im Kulturwandel

Als Grundlage diente der Vorbereitungsgruppe, die aus Fachstellenmitarbeitern des Dekanats und der Adjunktin im Bischofsvikariat, Marianne Pohl-Henzen, bestand, das „Leitbild Katechese im Kulturwandel“. Dieses war 2007 von der Deutschschweizerischen Ordinarienkonferenz (DOK) in Auftrag gegeben und nach der Fertigstellung durch ein Projektteam 2009 verabschiedet worden. Leitsätze aus dem Papier waren dann auch die stetigen Begleiter an der Fortbildung, sei es als Plakate an den Wänden im Bildungshaus oder als Tischsets beim gemeinsamen Essen. „Katechese im weiteren Sinn meint jegliche Art von Glaubensbildung, bezeichnet den kirchlichen Dienst an der Vermittlung der christlichen Botschaft“, erläuterte Mario Parpan. Im Zuge einer sich wandelnden Gesellschaft müsse man daher auch die eigenen Angebote überprüfen, ob sie vom Veranstaltungsort, vom Setting, von der Sprache, der Art der Einladung her nicht schon voller unsichtbarer Barrieren seien, so dass nicht mehr alle Teile der Gesellschaft angesprochen würden.

Lebensraumorientierte Seelsorge in St. Gallen

Von einem Prozess des Umdenkens und der konkreten Umsetzung in der Seelsorge konnte Damian Kaeser-Casutt von der Abteilung „Pastorale Entwicklung und Beratung“ des Bistums St. Gallen berichten. Er stellte die Entwicklung einer „Lebensraumorientierten Seelsorge“ (LOS) in St. Gallen vor. Aus der Beobachtung, dass alle Stadtpfarreien ähnliche Angebote gemacht hätten, ohne damit alle Menschen zu erreichen, dass ein Bedeutungsmangel spürbar gewesen sei, dass Finanz- und Personalmangel die Arbeit beeinträchtigt hätten usw., sei der Wunsch erwachsen, ein neues Seelsorgekonzept, das das ganze Dekanat im Blick habe und verbinde, zu entwickeln. „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, und nicht dem Angler“, betonte Kaeser-Casutt.

Viele Schritte und vor allem ein Umdenken in der Haltung seien dafür bedeutsam gewesen: Zunächst müsse man die Gesellschaft vor Ort kennen, wobei Erhebungen aus der Sinus-Milieustudie bzw. die eigens für St. Gallen in Auftrag gegebene Mosaic-Milieu-Studie hilfreiche Hinweise geliefert hätten. Man hätte über den eigenen Kirchturm hinaus blicken müssen, um gemeinsam zu organisieren, was für eine einzelne Pfarrei nicht (mehr) möglich gewesen sei. Aber auch ein Angebot in den Pfarreien selber zu sichern und ihr eigenes Profil öffentlichkeitswirksam zu schärfen, sei ein Ziel gewesen. Gerade in den „Zwischenräumen“ von kirchlichen Angeboten hätten die Seelsorgerinnen und Seelsorger ihre Begabungen eingesetzt, um das kirchliche Angebot kreativ zu erweitern: Lesungen zu Bibel und Literatur, ein Jugendtreff im Sommer auf dem Klosterplatz, neue Projekte für Menschen am Rande der Gesellschaft, in denen sie ihre eigenen Ressourcen fördern können, Angebote für junge Erwachsene unter dem Projektnamen „Safranblau“ und vieles mehr.

Inspiration aus der Region und aus anderen Bistümern

Innovative Ideen konnten die Seelsorgerinnen und Seelsorger am folgenden Tag bei verschiedenen Workshops sammeln, wobei ihnen sowohl Projekte aus anderen Regionen wie auch aus Deutschfreiburg präsentiert wurden. So stellte beispielsweise die Jugendseelsorge Thurgau eine Ausstellung zur biblischen Pfingsterzählung vor, bei der Feuer, Wind und Sprache kreativ für Jugendliche erfahrbar gemacht werden. Burkhard Förster, Leiter des Bereichs Erwachsenenbildung in Luzern, nahm die Arbeit der Kirche mit jungen Eltern in den Blick. Spannende Projekte gab es aber auch im Dekanat zu entdecken, wie z. B. Projekte zur Förderung des interreligiösen Dialogs, an denen Reto Dörig, Mittelschulseelsorger in Freiburg, mitarbeitet oder die ökumenische Bibellektüre in Murten, die Rolf Maienfisch, Pastoralassistent in Murten, mitverantwortet.

Neue Ansätze, Inspirationen und Einstellungen, die in den Workshops zu erfahren waren, gaben am letzten Tag Anlass für den Austausch untereinander. Wichtige Anliegen wurden hierbei formuliert: Die Suche nach einer angemesseneren religiösen Sprache, die Nutzung von anderen Orten für die Seelsorge, die Orientierung an den Begabungen der einzelnen Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie eine bessere Kenntnis der Gesellschaftsmilieus vor der eigenen Haustür. Das Thema bleibt weiterhin aktuell: Die Seelsorgerinnen und Seelsorger sprachen sich mehrheitlich dafür aus, an der nächsten Fortbildung im Februar 2014 am Prozess „Glaubensbildung im Kulturwandel“ weiterzuarbeiten. Daneben soll sich auch eine Arbeitsgruppe mit dem Thema beschäftigen.

„Da sich auch in Deutschfreiburg die Gesellschaft wandelt, gerade auch durch viele Neuzuzüger in den Dörfern, und andererseits Traditionen und Gewohnheiten wie z. B. der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes stark zurückgehen, müssen sich die heutigen Seelsorgerinnen und Seelsorger mit diesem Thema befassen: Wie erreichen wir heute noch die Leute? Und wo können ihnen die Kirche und der Glaube auch heute noch echte Lebenshilfe bieten? Hierfür muss aber die Kirche wissen, wie es mit der Gesellschaft aussieht und was sie braucht – der Wurm muss dem Fisch schmecken!“, betonte Marianne Pohl-Henzen.

 

Christina Mönkehues

 

Weitere Informationen:

Marianne Pohl-Henzen

Adjunktin im Bischofsvikariat

marianne.pohl@kath-fr.ch

079 521 32 35

 

Anhang

Bild „Dekanat“: Die Seelsorgerinnen und Seelsorger des Dekanats in der Diskussion; Foto: Rita Pürro Spengler

Bild „Sketch“: v.l.n.r. Judith Furrer Villa, Sandra Vetere, Marianne Pohl-Henzen, Mario Parpan, Rita Pürro Spengler, Marius Hayoz (Sketch: Diskussion in der Pastoralgruppe über die Teilnahme am „Spiritualitätszelt“ der Gewerbeausstellung); Foto: Christina Mönkehues


Christina Mönkehues
Informationsbeauftragte des Bischofsvikariats Deutschfreiburg
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