kath.ch Medienspiegel – 18.06.2016, 06:51

«Reichlins Stammtisch»: Ein klein bisschen Islamophobie

Die Mutter meines seit der Kinderzeit besten Freundes benutzte oft eine Redensart. Immer wenn mein Freund etwas anstellte, etwa beim Fussballspielen eine Fensterscheibe zer­trümmerte, zog sie ihn an den Ohren und sagte: «Produzier keinen Antisemitismus!» Sie ­befürchtete, dass jegliches Vergehen eines Juden allen Juden angelastet wurde. Für meinen Freund war es allerdings anstrengend, dauernd aufpassen zu müssen, dass er nicht alle Juden in Misskredit brachte. Er wollte auch mal nach einer Party auf dem Nachhauseweg «Wir versaufen unsrer Oma ihr klein Häuschen» grölen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, dass er damit ein Pogrom auslöste. Und vor allem wollte er, als er 16 wurde, seine Freundin im Wartesaal des Bahnhofs küssen dürfen, ohne dass seine Mutter ihm hinterher vorwarf: «In aller Öffentlichkeit! So was produziert Antisemitismus!»

Quelle: Basler Zeitung

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