kath.ch Medienspiegel – 11.03.2025, 12:30 Von der skandalträchtigen Drehanzeige bis zum historischen ZeitmesserWenn jemand im Ausland Biel kennt, dann wohl am ehesten wegen der Zeitmesser: Biel – die Uhrenmetropole. Welche speziellen Uhren sind im öffentlichen Raum von Biel zu sehen, an denen wir täglich vorbeigehen? Welche Geschichten stecken dahinter? Eine Übersicht. Die Skandal-Uhr In einer Sammlung spezieller Uhren darf die Drehanzeige auf dem Zentralplatz natürlich nicht fehlen. Neben der Uhrzeit wird darauf auch die Temperatur oder Informationen zu städtischen Anlässen angezeigt. Die Uhr wurde Mitte Juni 2004 installiert und ist somit inzwischen über 20 Jahre alt. Schon seinerzeit, noch bevor die «Uhr» überhaupt eingeweiht war, gab es Kontroversen um sie: Ausgerechnet in der Uhrenmetropole sollte eine Drehanzeige stehen, die von einer Firma aus Zürich stammt und Teile aus China beinhaltet. Doch die Anzeige wurde gebaut – für 88’000 Franken. Das wären heute, nach Inflationsausgleich, knapp 98’000 Franken. Keine zehn Jahre nach der Inbetriebnahme der Drehanzeige lautete die Schlagzeile in der «Berner Zeitung»: «Die Bieler Skandal-Uhr ist futsch». Tatsächlich: Die Uhr funktionierte nicht mehr. Sie habe ihre Lebensdauer erreicht, sagte die Stadt. Ersatzteile gab es keine, weil die technologische Entwicklung in der Zwischenzeit so weit fortgeschritten war, dass «man die Anzeige und die Elektronik nicht mehr reparieren kann», liess sich der damalige Leiter der Abteilung Hochbau Jürg Saager in der BZ zitieren. Die Empörung vieler Bielerinnen und Bieler war gross. Und so blieb die Drehanzeige schwarz – ganze 15 Monate lang. Zuerst lautete der Entscheid des Gemeinderats im Sommer 2014: Die Uhr wird abgerissen und nicht ersetzt. Nicht zuletzt, weil die Sanierung 64’000 Franken gekostet hätte. Dann kam im September des gleichen Jahres die Kehrtwende – die Uhr sollte nun doch repariert werden. Das, weil der Bieler Lions Club finanzielle Unterstützung für den Erhalt der «Uhr» und Informationsanzeige anbot. Im März 2015 war es offiziell: Die Drehanzeige wird zurückkommen – und das bisherige Modell mit Technik einer regionalen Firma ersetzt. Kostenpunkt: 53’000 Franken, wovon der Bieler Lions Club 10’000 Franken übernahm. Und drei Monate später war es tatsächlich so weit: Die neue Drehanzeige wurde installiert. Seither funktioniert diese – und hat mit bald zehn Jahren die Lebensdauer ihrer Vorgängerin schon überschritten. Ob die skandalträchtige Uhr noch einmal für Schlagzeilen sorgen wird? Die Älteste Welche Uhr die älteste von Biel ist, ist nur schwer zu bestimmen. Eine Zeitmesserin, die eine gut dokumentierte und lange Geschichte hat, ist diejenige der Uhr des Kirchturms der Stadtkirche von Biel. Der Bieler Altstadtleist hat auf seiner Website eine ausführliche Chronik zu seinem Quartier aufgeführt. Gebaut wurde die Bieler Stadtkirche vor über 570 Jahren, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert von 1451 bis 1470. Das Turmuhrwerk befand sich von Anfang an der heutigen Stelle. Doch nach zahlreichen Renovationen, Sanierungen und dem Ein- und Ausbauen verschiedener Uhrwerke und Zeiger ist wenig von der ursprünglichen Uhr übrig geblieben. Das heutige Ziffernblatt, das drei Meter misst, und die Zeiger der Uhr, die zwischen sechs und acht Kilogramm wiegen, stammen aus den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Das heutige Uhrwerk stammt von 1870. Allerdings wurde es seither zuerst elektrifiziert, dann automatisiert und zuletzt 1970 einer «gründlichen Revision unterzogen», wie auf der Website des Bieler Altstadtleists weiterzulesen ist. Aufmerksame Betrachterinnen des Ziffernblatts haben sich vielleicht schon gefragt, warum die Ziffer Vier in römischer Schreibweise mit vier Strichen, also «IIII», abgebildet ist, anstatt mit «IV». Im Bieler Tagblatt vom 29. August 2008 lieferte der Grossuhrmacher Oskar Näpflin folgende Erklärung, die ins 16. Jahrhundert zurückgeht: «Zu dieser Zeit waren die Männer, die Feuerwache halten mussten, Analphabeten. Weil sie nicht lesen konnten, wurde ihnen gesagt: Du musst wachen vom ersten bis zum letzten Strich, vom ersten bis zum letzten V oder vom ersten bis zum letzten X.» Diese Eigenschaft findet sich übrigens nicht einzig an der Bieler Stadtkirche, sondern ist bei vielen Schweizer Kirchturmuhren. Stadtkirche – die Sonnenuhr Gleich auf der anderen Seite der Bieler Stadtkirche befindet sich an der Fassade eine weitere aussergewöhnliche Uhr. Wer beispielsweise an einem Flohmarkt in der Bieler Altstadt auch schon auf der Kirchenterrasse war, dem ist vielleicht die Sonnenuhr an der Kirchenmauer aufgefallen. Auch sie ist in der Chronik des Bieler Altstadtleists erfasst. Die heutige Uhr stammt von Heinz Schilt und ist von 1981. Heinz Schilt war in der ganzen Schweiz bekannt für seine Sonnenuhren. In Biel unterrichtete er als Lehrer am Realgymnasium. Letztes Jahr wurde die Uhr saniert. «Die Uhr hat nun wieder einen gerichteten Polstab und die ursprüngliche, aufgefrischte Farbgebung», heisst es auf der Website des Altstadtleists. Übrigens: Die Sonnenuhr ist 1,8 Meter breit und misst knappe zwei Meter in der Höhe. Schiffländte An der Bieler Schiffländte steht die wohl unauffälligste Uhr im öffentlichen Raum von Biel. Denn viele Passantinnen und Passanten erkennen sie beim Spazieren am See wohl gar nicht als solche. Neben der Installation an der Bieler Schiffländte findet das aufmerksame Auge eine kleine Infotafel. Sie beschreibt das Konstrukt: Es besteht aus einem Pfahl mit einer Kugel sowie einer auf den Boden gedruckten Acht – genannt Analemma – und einem Strich – Meridian genannt. Am Meridian lässt sich nach sogenannter wahren Sonnenzeit der Mittag ablesen. Wirft die Kugel einen Schatten auf die Linie, hat die Sonne den höchsten Stand des Tages erreicht. Auf der Acht sind Zahlen abgebildet, sie stehen für die Monate. Die Infotafel erklärt: «Fällt der Sonnenschatten im aktuellen Monatsfeld auf das Analemma, ist es genau 12.00 Uhr mitteleuropäische Winterzeit bzw. 13.00 mitteleuropäische Sommerzeit.» So ist diese Mittags-Uhr streng nur am Mittag eine – die Zeit lässt sich ja nur dann ablesen, wenn die Kugel einen Schatten auf eine der Formen wirft. Also immer nur um 12 respektive 13 Uhr. Bahnhofsuhr «Längts mr no ufe Zug oder muesi scho seckle?» Die wohl wichtigste und meistbetrachtete Uhr in Biel ist diejenige am Bahnhofsgebäude. Auch bei diesem Zeitmesser lief nicht immer alles rund. Vor knapp eineinhalb Jahren blieb am Bahnhof die Zeit stehen. Das Uhrwerk musste ersetzt werden, wie auch die Zeiger und das Ziffernblatt. Das sorgte für lustige Bilder, bei denen man knallorangenen Menschen dabei zuschauen konnte, wie sie zuerst die alte Uhr abbauten, und ein paar Wochen später die neue installierten. Dazu schrieb das BT damals: «Das Design [der Uhr] hat Kultstatus und wurde einst sogar von Apple kopiert. Es trat 1944 erstmals in Erscheinung und wurde extra für die SBB entwickelt.» Quelle: |