kath.ch Medienspiegel – 29.07.2015, 08:06
Francisco de Zurbarán im Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid
Das Museum Thyssen-Bornemisza in Madrid zeigt Francisco de Zurbarán in repräsentativer Breite, stellt neue Forschungsergebnisse vor und gibt einen Einblick in seinen Werkstattbetrieb.
Caroline Kesser – Nach der Überdosis El Greco, die einem die Feiern zu dessen 400. Todestag im vergangenen Jahr bescherten, ist ein Quantum Francisco de Zurbarán (1598-1664) gerade das Richtige. Die Motive sind etwa dieselben – Christus, Maria, Heilige, Mönche und Kirchenväter -, doch welch ein Unterschied an physischer Präsenz, an Materialität und Sinnlichkeit. Sind Grecos Gestalten in Sphären entrückt, zu denen man nur von tief unten aufschauen kann, teilen Zurbaráns Protagonisten den Boden mit uns. Nehmen wir nur die Darstellung des heiligen, über einem Totenschädel meditierenden Franziskus, die beide Maler immer wieder beschäftigte. Grecos Heiliger ist schon in Ekstase oder nahe daran, so dass jedes Anrufen sinnlos wäre, wogegen Zurbaráns Franziskus selbst beim Meditieren noch ansprechbar scheint. Wie er in einem Gemälde aus der Londoner National Gallery in seiner groben Kutte vor einem Tisch kniet, in der einen Hand den Schädel, die andere über einem Buch
in einer Geste des Zeigens, die ein Wundmal in seiner Handfläche offenbart, macht er den Eindruck eines durchaus weltlichen Gelehrten. Zu gerne zupften wir ihn am Ärmel mit dem grossen klaffenden Loch, um ihm seine Erkenntnisse zu entlocken.
Quelle: Neue Zürcher Zeitung
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