kath.ch Medienspiegel – 04.02.2021, 08:54

Beerdigungen im Laufschritt

Ursula Layritz ist keine Frau, die schnell etwas aus der Bahn wirft. Aber in letzter Zeit will die Leiterin des Kreuzlinger Bestattungsamtes nicht zu viel grübeln. Zehn bis zwölf Abdankungen in einer Woche haben ihre Mitarbeiter zu bewältigen. Normalerweise seien es halb so viele. «Das geht wie im Laufschritt», sagt Ursula Layritz. Dabei sollte die Zeit gerade bei Beerdigungen keine Rolle spielen. Die Arbeit ist nicht nur körperlich anstrengend, sie drückt auch auf die Psyche. Je mehr Menschen sterben, umso eher ist jemand dabei, den man persönlich kennt. Das ist auch für die Bestatter nicht leicht. Und wegen der Kontaktbeschränkungen sind alle ohnehin ein wenig einsamer als sonst. Umso wichtiger sei das Team, sagt Ursula Layritz: «Wir können sehr offen miteinander reden.» In weissen Schutzanzügen tragen sie den Sarg Corona verändert auch die Qualität der Arbeit. Vieles, was als pietätvoll gilt, fällt weg. Ist ein Mensch an oder mit Covid-19 gestorben, kommen die Bestatter in weissen Schutzanzügen mit Masken und Brillen ins Haus. Bei einer Erdbestattung tragen sie in dieser Montur den Sarg zum Grab. Natürlich würden schwarze Anzüge würdevoller aussehen. Es gehe nicht anders, sagt Ursula Layritz.«Wir müssen uns schützen.» Die Gespräche mit den Angehörigen führt Ursula Layritz mit Maske. Ohne wäre ihr lieber: «Es ist schwer, Anteilnahme zu zeigen, wenn man nur die Augen sieht.» Manchmal bittet sie die Angehörigen ins Sitzungszimmer, wo genug Platz ist, aber keine Atmosphäre aufkommen will. Dabei hätten die Hinterbliebenen den Trost nötiger als sonst. Wegen der Schutzmassnahmen kam schon die Begleitung des Verstorbenen auf dem letzten Lebensweg zu kurz. Auch die Frauenfelder Bestatter erleben harte Monate. Im Dezember und im Januar gab es dreimal so viele Todesfälle wie vor einem Jahr um diese Zeit. An manchen Tagen mussten die Friedhofsmitarbeiter bis zu zwölf Verstorbene abholen. Sonst sind es um die vier. Nicht nur der Aufwand steigt – auch die Gefahr Markus Marghitola ist seit 14 Jahren für die Friedhöfe in der Kantonshauptstadt zuständig. So etwas hat er noch nie erlebt: «Es ist eine Ausnahmesituation.» Seine fünf Mitarbeiter hätten gute Arbeit geleistet, sagt er. «Aber wir sind an unsere Grenzen gekommen.» Die meisten im Dezember und Januar Verstorbenen seien über 80 Jahre alt gewesen, sagt Jan Tobias Bauer, der das Bestattungsamt in Frauenfeld leitet. 60 bis 70 Prozent der Verstorbenen waren mit dem Coronavirus infiziert. Das erhöht nicht nur den Aufwand, sondern auch die Gefahr für die Bestatter. Bisher habe sich aber niemand aus dem Team angesteckt: zum Glück. Sie seien vorsichtig, aber nicht ängstlich, sagt Marghitola: «Hätten wir Angst, könnten wir diesen Beruf nicht ausüben.»

Quelle: Thurgauer Zeitung

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