kath.ch Medienspiegel – 02.04.2025, 07:49

Der Vater aller Playboys

Giacomo Casanova (1725–1798) Noch heute steht sein Name für Verführung. Dabei war der vor 300 Jahren geborene Venezianer weit mehr als ein notorischer Frauenjäger. Robert Messer , Rom (DPA) Verführer, Frauenflüsterer, Sexmaschine: Das sind nur einige der vielen Zuschreibungen für Giacomo Casanova. Der Name des italienischen Abenteurers ist bis heute ein Synonym für die Kunst der männlichen Verführung und der Liebe. Seine zahlreichen intimen Bekanntschaften reichten von Schauspielerinnen oder Adligen bis hin zu Nonnen. Unbefangen und überaus anschaulich berichtete Casanova über diese erotischen Abenteuer. Zweifelsohne war Casanova, der heute vor 300 Jahren als Sohn eines Schauspielerpaars in Venedig zur Welt kam, von Sex besessen – das bezeugen die vielen Berichte über lange Liebesnächte mit verheirateten Frauen oder etwa auch die Ménage-à-trois mit zwei Schwestern in seinem schriftstellerischen Hauptwerk «Histoire de ma vie». Dabei war Casanova im Europa des 18. Jahrhunderts ein bekannter Schriftsteller und bestens vernetzt. Er ging in den mächtigsten Häusern ein und aus: Er traf Katharina die Grosse und Friedrich den Grossen sowie die Philosophen Jean-Jacques Rousseau und Voltaire, auch Päpste empfingen ihn dank seiner Kontakte. Papst Clemens XIII. ernannte ihn 1760 zum «Ritter vom Goldenen Sporn» und überreichte ihm den Orden für grosse Verdienste. Spektakuläre Flucht Fünf Jahre zuvor war er noch von der katholischen Staatsinquisition seiner Heimatstadt wegen Gotteslästerung zu fünf Jahren Kerker verurteilt worden. 15 Monate lang sass er in den Bleikammern des Dogenpalasts ein, bis ihm Ende 1756 die spektakuläre Flucht übers Dach gelang. Kurz nach dem Ausbruch stolzierte er arrogant an alarmierten Pförtnern vorbei, die nicht ahnten, dass dieser feine Herr gerade erst ausgebrochen war. Casanova war zeit seines Lebens auf Achse: Es zog ihn nach Paris, wo er die französische Staatslotterie ins Leben rief, nach Rom, Marseille, Nizza, Korfu, Konstantinopel, Dresden, Wien, Berlin, Warschau, St. Petersburg. Zahlreichen Frauen begegnete er auf den Reisen. Heute würde man ihn wegen seines Lebensstils als Playboy und Jetsetter bezeichnen. Doch er war noch viel mehr: Anfangs war er Geistlicher, später agierte er als Jurist, Soldat und Finanzberater sowie Chemiker und Mathematiker. Er war aber auch ein Hochstapler, der einer sehr wohlhabenden Herzogin die Wiedergeburt nach dem Tod versprach und sich von der Dame bezahlen liess. «Trunken vor Liebe» Trotz dieses abwechslungsreichen Lebens setzte sich in der kulturellen Überlieferung aber der Mythos des lüsternen Frauenjägers durch. Anteil daran hatte er selbst: Seine expliziten, aber niemals allzu pornografischen Berichte trugen dazu bei. Da war etwa die Affäre mit einer Nonne aus Murano: «Trunken vor Liebe und Glück sank ich in ihre Arme, und sieben Stunden lang gab ich ihr die untrüglichsten Beweise meiner Liebesglut, die wir nur durch ebenso viele Viertelstunden unterbrachen, um uns mit zärtlichen Worten erneut anzufeuern.» Historiker sind sich heute vor dem Hintergrund seines intellektuellen Schaffens und Abenteurertums aber einig, dass der Casanova als triebhafter Verführer ein Mythos ist. «Sicherlich war Casanova ein Draufgänger», sagt der Casanova-Biograf Alessandro Marzo Magno in der neuen TV-Doku «Giacomo Casanova – Mehr als ein Don Juan». «Aber er war nicht dieser Frauenjäger, dieser notorische Verführer, zu dem man ihn später gemacht hat.» 116 Liebespartnerinnen führt Casanova in seinen Memoiren namentlich auf. «Das ist sicherlich eine bemerkenswerte Zahl, aber sie ist auch nicht erstaunlich», meint Magno. Casanova habe 73 Jahre gelebt und davon sei er 42 Jahre sexuell aktiv gewesen. Im Schnitt seien dies jährlich 2,7 Frauen. «Jeder Rettungsschwimmer in Rimini hat jährlich mehr Eroberungen.» Das so bunte und pralle Leben endete jedoch anders, als es sich der Lebemann wohl vorgestellt hatte: Verarmt, einsam und depressiv verbrachte Casanova die letzten 13 Jahre bis zu seinem Tod 1798 auf dem böhmischen Schloss Dux. Dort arbeitete er als Bibliothekar. Um seine Depression zu behandeln, empfahl man ihm, sich an schöne Zeiten seines Lebens zu erinnern. Er schrieb – und so entstanden seine weltberühmten Memoiren.

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