kath.ch Medienspiegel – 19.12.2023, 07:21

Die Hüterin des Friedenslichts

Die Hüterin des Friedenslichts Von Bethlehem in alle Welt: Seit 30 Jahren bringt Jda Garaventa das Friedenslicht von Zürich nach St. Gallen. Julia Nehmiz Dann brennt die Kerze in der Kathedrale. Jda Garaventa strahlt wie die Flamme. Sie packt ihre Blockflöte aus dem Rucksack, legt das Gesangbuch mit den Noten auf den Tisch, direkt vor das Friedenslicht. «Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht traurig sein.» Sie hat extra geübt, doch es ist kalt, die tiefen Töne fiepen. Das ist egal, es geht um Höheres. Grösseres. Dieses Licht, das den Weg trotz Krieg aus Bethlehem nach St. Gallen gefunden hat, für Jda Garaventa bedeutet es viel. Seit 30 Jahren fährt sie jedes Jahr im Advent nach Zürich, um dort ihre Kerzen anzuzünden und das Friedenslicht so nach St. Gallen zu bringen. Seit vielen Jahren bringt sie es auch in die Kathedrale. Dort können andere dann ihr eigenes Friedenslicht entzünden und mit nach Hause nehmen. Die Lichtstafette ist eine neuere Tradition. 1986 brachte der ORF das in der Geburtsgrotte in Bethlehem entzündete Friedenslicht erstmals nach Österreich. Von dort aus ist das Netzwerk immer weiter gewachsen. Seit der ersten Übergabe in der Schweiz dabei Jda Garaventa war vor 31 Jahren bei der ersten Friedenslichtübergabe in der Schweiz dabei. Ihre Freundin, eine Lehrerin in Zürich, nahm ihre Schulklasse und Garaventa samt deren beiden Kindern mit zum Flughafen Zürich, als das erste Friedenslicht ankam. Jda Garaventa erzählt, wie das Licht sie berührte. Wie sie im nächsten Jahr, obwohl ihr drittes und jüngstes Kind wenige Monate und sehr schwach war, wieder nach Zürich reiste und das Licht nach St. Gallen brachte. Das Friedenslicht in der Wohnung habe ihr Kraft gegeben. Und ihr Jüngster, von dem sie nicht wussten, ob er Weihnachten überleben werde, habe angefangen zu essen und sei kräftiger geworden. Jetzt hütet Jda Garaventa zum 30. Mal das Friedenslicht in ihrer Wohnung in Bruggen. Im Gästebad bewahrt sie die brennenden Kerzen auf, auf dem Fensterbrett an der Dusche – feuerfest gekachelt, das Fenster ist gekippt. Eine Kerze steht in einer Laterne hinter Glas, zwei in einem Milchkesseli, damit kein Luftzug sie ausbläst. Ja, es sei schon stressig, das Licht zu hüten, sagt Garaventa. Freunde, Bekannte, Fremde kommen vorbei und holen das Licht ab. Garaventa bringt es in die Kathedrale, zum Bischof, ins Kantonsspital, in die Kirche Bruggen. Letztes Jahr haben sie es auch der Stadtpolizei gebracht, das sei sehr schön gewesen, sagt sie. 1200 Kerzen stehen in der Kathedrale bereit Am dritten Adventssonntag haben sie und ihr Mann das Licht in Zürich abgeholt. Nervös wie jedes Jahr, dass im Gewühl des Zürcher Sonntagsverkaufs das Licht heil bleibt. Dass sie im Zug mit Sonderbewilligung mitfahren dürfen – offenes Feuer zu transportieren, ist verboten. Dass wenigstens eine der drei Kerzen die Fahrt nach Hause übersteht. Am Sonntag erloschen die beiden Ersatzkerzen im Milchkesseli im Bus vom Bahnhof St. Gallen nach Bruggen. Der Fahrer sei so ruckelig gefahren, dass das flüssige Wachs überschwappte und die Flammen erstickte. Am Montag dann die Fahrt zur Kathedrale, eine Kerze in der Laterne, eine Ersatzkerze im Milchkesseli. Erleichterung, dass kein Wind weht, dass es nicht regnet oder schneit. Ein eisiger Wintermorgen, die Wiesen sind von Raureif überzogen. Wieder in den Bus, beim Einsteigen verwunderte Blicke, aber keine Kommentare. Der Busfahrer fährt ruhig, die Flammen flackern. Am Bleicheli aussteigen, da ist nicht so viel los wie am Bahnhof. Über den Roten Platz, da sind weniger Leute als auf der Vadianstrasse. Zielstrebig steuern Jda Garaventa und ihr Mann mit den Friedenslichtern in der Hand auf die Kathedrale zu. In der Kathedrale ist an diesem Montagmorgen nicht viel los. Eine Gruppe Frauen in bunten Outdoorjacken und mit Wanderstöcken besichtigt die Kirche. Ein Mann an Krücken humpelt den Gang nach vorne. Die Sakristanin stellt eine Laterne auf den kleinen Tisch unter der Orgelempore. Keine grosse Zeremonie, Jda Garaventa gibt einfach die Flamme weiter. Eine Frau und ein Jugendlicher von der Jungwacht Herisau haben darauf gewartet, auch sie haben Laternen dabei. Sie bringen das Licht nach Herisau. Zum ersten Mal sei die Kathedrale ein Stützpunkt des Friedenslichts, sagt die Sakristanin. In den letzten Jahren konnte man das Friedenslicht nach dem Weihnachtsgottesdienst abholen bis Neujahr, 800 Personen hätten das gemacht. Jetzt kann man jederzeit sein eigenes Friedenslicht entzünden. 1200 Kerzen hat sie bestellt, sagt die Sakristanin, sie hofft, das reicht aus. Und ja, auch sie werde eine Ersatzkerze als Reserve entzünden. Damit das Friedenslicht nicht erlischt. Jda Garaventa und ihr Mann schauen zufrieden auf die Kerze in der Laterne. Es sei bewegend, dass die Flamme in Bethlehem entzündet worden sei, sagt Jda Garaventa und trotz Krieg den Weg hierher gefunden habe. Frieden, das wünsche sie sich. Das Friedenslicht könne die Herzen der Menschen berühren. Jda Garaventa entzündet das Friedenslicht in der St. Galler Kathedrale. Bilder: Benjamin Manser (18.12.2023) Vorsichtiger Transport: Mit dem Bus bringen Jda Garaventa und ihr Mann das Friedenslicht von ihrem Zuhause in die Kathedrale.

Quelle: St. Galler Tagblatt

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