Ein Glück, dass Mutter noch lebt

Dass er ein Verdingkind war, weiss Max Leu schon lange. Auf Drängen seiner Enkelinnen hat er sein Leben rekonstruiert. Mit 70 Jahren kann der Wittenbacher nun erstmals mit seiner 94jährigen Mutter und seinem Bruder Geburtstag feiern.
CORINNE ALLENSPACH – Manchmal ist Max Leu richtiggehend wütend. Behörden, Mitmenschen, Nachbarn, die Kirchen: Sie alle haben einfach weggeschaut. Schwiegen die Tatsache tot, dass Mädchen auch gegen ihren Willen schwanger werden konnten. «Statt Mitgefühl und Beistand mussten die Frauen Verachtung und Scham über sich ergehen lassen», empört sich Leu. Er weiss, wovon er spricht. Der 70jährige ehemalige Leiter der Raiffeisenbank Wittenbach war ein Verdingkind. Vor zwei Jahren hat er seine Mutter, damals 92, erstmals gesehen: «Es ist mehr als Glück, dass sie noch lebt und fit genug ist, dass ich mit ihr Kontakt aufnehmen konnte.